von Gerhard Meyer Kommentare, Dokumentationen und Berichte
© Gerhard Meyer
Die Debatte um die sogenannte Technologieoffenheit ist weit mehr als ein Streit um Worte sie steht sinnbildlich für die Rich - tung, in die die Energiepolitik in den kommenden Jahrzehnten steuern könnte. Während erneuerbare Energien weiter ausgebremst und ihre Vorteile kleingeredet werden, spricht die politische Führung von „technologieoffenen Lösungen“, die in der Realität vor allem dem Status quo dienen. Es droht eine Verschleppung des dringend notwendigen Umbaus der Energieversorgung und lässt die Klimaziele in immer größere Ferne rücken. Mit dem Festhalten an fossilen Energieträgern kann weder Versorgungssicherheit noch Preisstabilität garantiert werden. Viel - mehr droht Deutschland, den Anschluss an innovative Technologien und die damit verbundenen wirtschaftlichen Chancen zu verlieren. Erneuerbare Energien sind nicht nur sauberer, sondern auch günstiger als Öl und Gas. Frau Reiche möchte die Windenergie daher teurer machen. Sie schlägt vor, die Windenergie an den Kosten des Ausbaus der notwendigen Stromtrassen zu beteiligen, um Windstrom von Norddeutschland in den Süden transportieren zu können. Bayern hat durchgesetzt, dass keine oberirdischen Stromtrassen gebaut werden, da sie die Landschaft Bayerns verschandeln. Das verteuert neue Stromtrassen deutlich. Während eine Freileitung pro Kilometer etwa 0,5 bis 2 Millionen Euro kostet, liegen die Kosten für Erdkabel bei 8 bis 10 Millionen Euro pro Kilometer. Diese Mehrkosten sollen jetzt ganz oder teilweise auf den Windstrom abgewälzt werden. Der Ausbau der Erneu - erbaren Energien und der dafür nötige Ausbau des Stromnetzes sollen „synchronisiert“ werden, um die Kosten zu senken, sagt Frau Reiche. Dahinter verbirgt sich vermutlich, dass der Ausbau von Windkraft und Photovoltaik gebremst werden soll, wenn die Netzkosten nicht von den Erneuerbaren Energien getragen werden. Reiche hat angekündigt, staatliche Förderung für neue Gaskraftwerke schnell auf den Weg zu bringen. Sie hat zudem gesagt, dass ein Schwerpunkt in Süddeutschland entstehen solle. „Wir planen einen Südbonus, der mit zwei Dritteln der insgesamt aus - geschriebenen Kapazität im technischen Süden gebaut wird“, so die CDU-Politikerin. Nach den bisherigen Plänen soll es Förderungen für 5 GW H2-Ready-Gaskraftwerke (die sowohl mit Erdgas wie mit Wasserstoff betrieben werden können), 2 GW Umstellungen bestehender Gaskraftwerke auf Wasserstoff, 500 MW reine Wasserstoffkraftwerke und 5 GW Gaskraftwerke zur Sicherstellung der Stromversorgung geben. Gefördert werden sollen, wenn die Pläne Realität werden, also größtenteils Gas- /Wasserstoffkraftwerke, die nicht der Sicherstellung der Stromversorgung, sondern dauerhaft der Energiegewinnung dienen sollen. Wenn nicht genügend „grüner“ Wasserstoff (mit erneuerbarer Energie aus Wasser gewonnen) zur Verfügung steht, schließt Frau Reiche auch „grauen“ Wasserstoff (aus Erdgas [CH4] gewonnen) nicht aus. Reiches rechte Energiepolitik setzt auf einen verzögerten und verteuerten Ausbau regenerativer Energien zugunsten einer rückwärtsgewandten fossilen Energiegewinnung aus Erdgas, verbrämt mit dem Mäntelchen der zukünftigen Nutzung von Was - serstoff, wenn ausreichend Wasserstoff kostengünstig zur Verfügung steht und das bestehende Gasnetz auf ein Wasserstoff- netz umgestellt ist. Friedrich Merz allerdings will „die einseitige Festlegung auf Wasserstoff, den wir noch gar nicht haben“ aufgeben. Er hat ange - kündigt, schnell neue Gaskraftwerke mit CCS (Abscheiden und unterirdische Lagerung von CO2) bauen zu lassen. Weltweit gibt es allerdings bisher kein einziges kommerzielles Gaskraftwerk mit CCS, denn die Technologie ist nicht ausgereift und teuer. Vor allem aber sind Gaskraftwerke mit CCS nicht geeignet als Reserve zur Sicherstellung der Stromversorgung, denn sie könnten anders als reine Gaskraftwerke aus technischen Gründen im Bedarfsfall nicht schnell hochgefahren werden. Für industrielle Prozesse (z.B. Zementproduktion, Stahlherstellung) ist CCS eine denkbare Übergangslösung, um CO2-Emissionen zu eliminieren, solange für die Produktionen keine erneuerbaren Energien eingesetzt werden.