von Gerhard Meyer Kommentare zu Themen in und um Hannover
© Gerhard Meyer
Tempolimit Ja oder Nein? 04.09.2022 Ich bin neulich von Hannover nach Bremen und zurück mit dem Auto gefahren. Die Hinfahrt an einem Donnerstag auf der Autobahn A7 war geprägt von stockendem Verkehr infolge eines Verkehrsunfalls. Der Verkehr auf der anschließenden A27 lief reibungslos. Störend waren hier nur hin und wieder Raser, die gar nicht erbaut waren (wie an zu dichtem Auffahren erkennbar), wenn langsamer fahrende PKWs sie durch das Überholen von LKWs zum Abbremsen zwangen. Die Rückfahrt an einem Samstagmorgen mit Autopilot bei Tempo 130 war entspannt. Es waren nur wenige LKWs unterwegs und überraschend fuhren die meisten PKWs (geschätzt je zur Hälfte) mit Tempo 130 oder 120. Etwa 10% der PKWs waren mit höherem Tempo (oft geschätzt 160 km/h oder höher) fast ausschließlich auf der linken Fahrspur unterwegs. Laut Meinungsumfragen sind zwischen 55 und 57% der Deutschen für ein temporäres Tempolimit auf Autobahnen, zwischen 39 und 33% dagegen. Die meisten Befürworter eines Tempolimits sind laut einer Umfrage unter den Anhängern der Grünen (87%) zu finden, gefolgt von denen der SPD (72%). Die meisten Gegner eines Tempolimits gibt es unter den FDP-Anhängern, von denen sich 52% ablehnend äußerten. Frauen sind einer Umfrage zufolge eher für ein Tempolimit als Männer (62% zu 52%). Zudem sind Ältere laut Umfrage eher für eine Geschwindigkeitsbegrenzung als Jüngere. Meine nicht repräsentative Wahrnehmung an einem Samstagmorgen war, dass nicht nur eine Mehrheit der Autofahrer ein Tempolimit befürwortet, sondern es auch ohne gesetzlichen Zwang einhält. Im Koalitionsvertrag hat sich die FDP mit der Ablehnung eines generellen Tempolimits durchgesetzt. Darauf verweist Parteichef Lindner und argumentiert: „Der Einfluss auf das Klima wäre marginal. Insofern ist das eine symbolhafte Debatte. Ich kann nur warnen, Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag jetzt mit dem Argument des Kriegs zur Disposition stellen zu wollen. Das bringt uns nicht weiter.“ Verkehrsminister Wissing will uns gar für dumm verkaufen und erklärt, man habe gar nicht genug Verkehrsschilder, um Geschwindigkeitsbegrenzungen auf allen Autobahnen anzuordnen. Ich dachte bisher immer (so habe ich es jedenfalls als Beamter gelernt und praktiziert), ein gesetzliches Gebot (hier: Tempolimit auf Autobahnen) gelte auch ohne nochmalige behördliche Anordnung. Einen Punkt für Ehrlichkeit möchte ich an den stellvertretenden Vorsitzenden der FDP-Fraktion im Bundestag, Graf Lambsdorff, vergeben. Er hat erklärt, er müsse oft Sonntagvormittag zu Parteiversammlungen fahren. Dann sei die Autobahn fast leer, und es wäre doch unsinnig, sich dann an ein Tempolimit halten zu müssen. Nun ja, ich will ja nicht verkennen, dass die individuelle Freiheit des Einzelnen durch ein generelles Tempolimit eingeschränkt wäre. Und zur DNA der FDP gehört nun einmal, dass die Freiheit des Einzelnen höher zu bewerten ist als das Wohl der Allgemeinheit. Oder liege ich da falsch?