Dieselabgase
12.10.2015
Bei längeren Autobahnfahrten und bei Sommersmog mit erhöhten Ozonwerten bekomme ich Probleme mit den oberen Atemwegen. Das liegt - neben
zeitweise erhöhten Ozonwerten - an zu hohen Stickoxidbelastungen der Luft.
Dennoch fahre ich einen Diesel-PKW - nicht von Volkswagen oder einer anderen Konzernmarke - und trage damit zu hohen verkehrsbedingten NO2-
Emissionen bei, die in Hannover wie in anderen Ballungszentren und längs der Autobahntrassen über dem Grenzwert der EU liegen.
Als ich das Auto kaufte, kam es mir darauf an, aus Gründen des Klimaschutzes möglichst geringe CO
2
-Emissionen durch einen niedrigen
Kraftstoffverbrauch zu verursachen und aus Gründen des Gesundheitsschutzes möglichst geringe Feinstaubemissionen. Deshalb habe ich auf einen
geregelten Katalysator und einen Rußpartikelfilter Wert gelegt.
Mit einem Normverbrauch von 3,9 l/100 km und 104 g CO
2
/km war das Auto damals Klassenbester in Bezug auf CO
2
-Emissionen. Den Normverbrauch
erreiche im Fahrbetrieb natürlich nicht. Mein durchschnittlicher Kraftstoffverbrauch liegt etwa 1,5 l höher und damit auch der CO
2
-Ausstoß. Beklagt
wird schon lange, dass die Bedingungen der Verbrauchstests in den Testlaboren nicht den realen Alltagsbedingungen entsprechen. Aber die Autolobby
hat es bisher geschafft, Vorschriften für reale Testbedingungen zu verhindern.
Die Software-Manipulationen von VW haben jetzt drastisch deutlich werden lassen, dass die Umweltstandards für Kraftfahrzeuge nicht länger unter
praxisuntauglichen Laborbedingungen gemessen werden dürfen, sondern nur unter Alltagsbedingungen im realen Fahrbetrieb. Der Gesetzgeber ist jetzt
gefordert, praxisgerechte Prüfanforderungen für die Einhaltung der EURO-Normen zu entwickeln und vorzuschreiben.
Hohe Stickstoffdioxid-Konzentrationen sind vor allem für Asthmatiker ein Problem, da sie die Bronchien verengen. Stickstoffdioxid schädigt Pflanzen
trägt zur Überdüngung und Versauerung von Böden und in geringem Maße auch von Gewässern bei. Das habe ich zwar schon gewusst, als ich mein Auto
kaufte, aber den Stickstoffdioxid-Emissionen – ich gebe es zu - keine Aufmerksamkeit gewidmet. Wenn ich mich aber besserer Testwerte wegen damals
für ein Fahrzeug aus dem VW-Konzern entschieden hätte, wären die NO
2
-Emissionen im Alltagsbetrieb nicht besser. Das waren sie nur im Laborbetrieb
wegen der Betrugssoftware von VW.
Zusammensetzung und Menge der schädlichen Abgase eines
Dieselmotors weichen von dem eines Ottomotors ab. Er produziert
mehr Stickoxide als ein Benzinmotor und zusätzlich Ruß und
Schwefeldioxid. Diesel-Katalysatoren sind deshalb technisch
aufwändiger und damit teurer als Benzin-Katalysatoren.
Mein Auto ist – wie zum Kaufzeitpunkt üblich - mit einem
Oxidationskatalysator mit Partikelfilter ausgerüstet. Heute steht mit
der selektiven katalytischen Reduktion (SCR-Katalysator) eine
wesentlich wirksamere Technik zur Verfügung. Sie verlangt allerdings
die gesteuerte Einspritzung einer wässrigen Harnstofflösung
(„AddBlue“) in den Abgasstrom und verursacht deshalb sowohl höhere
Investitions- wie auch Betriebskosten.
Bleibt zu hoffen, dass die Autolobby sich nicht erneut bei der Gesetzgebung durchsetzt und aus Kostengründen die technologisch erreichbare
Luftreinhaltung torpediert. Wenn die Dieselfahrzeuge sauberer werden, sind sie wegen des geringeren Kraftstoffverbrauchs insgesamt
umweltfreundlicher als Benzinfahrzeuge.
12.11.2015
Als ich vor einigen Tagen mit meinem Auto in der Werkstatt war, um von Sommer- auf Winterreifen umrüsten zu lassen, habe ich mit dem
Servicetechniker ein Gespräch über Abgaswerte und Abgastests geführt. Der Servicetechniker hat mir zunächst versichert, dass von meinem
Autohersteller keine Manipulationen bekannt seien und seiner Meinung nach auch nicht zu erwarten seien. Das kürzlich erfolgte Update der Software
meines Fahrzeugs habe lediglich der Umsetzung neuerer technischer Entwicklungen gedient.
Auf die Differenzen zwischen Normwerten und Alltagsbetrieb angesprochen, stimmte er mir zu, dass dies bedauerlich sei. Letztlich nutzten aber alle
Autohersteller die technischen Möglichkeiten, die ein vorschriftsmäßiger Laborbetrieb ermögliche. Wenn der Gesetzgeber allgemein alltagstauglichere
Prüfverfahren vorschreibe, sei das zu begrüßen. Dass Kraftfahrtbundesamt müsse dann aber auch endlich nach gleichen Maßstäben die Fahrzeuge aller
Hersteller auf Einhaltung der Normen überwachen.
Auf meine erstaunte Nachfrage erläuterte er, dass das Kraftfahrtbundesamt bei deutschen Herstellern weder die Durchführung der Labortests noch
die Einhaltung der Normen überwache. Man vertraue hier den Angaben der Hersteller. Anders bei Fahrzeugen ausländischer Hersteller. Hier würden
auch Stichproben auf Einhaltung der Normen bei Kundenfahrzeugen durchgeführt. Nur die ausländischen Hersteller würden verpflichtet,
Kundenfahrzeuge mit bestimmten Laufleistungen für Tests zur Verfügung zu stellen. Den Kunden seien von den Herstellern kostenlos Ersatzfahrzeuge
für die Dauer der Tests zur Verfügung zu stellen.
Diese Aussage hat mich dann doch sprachlos gemacht. Einerseits vertraut man offenbar deutschen Herstellern blind. Dafür spricht auch, dass von VW
für bestimmte Fahrzeuge aus Marketinggründen geschönte Verbrauchs- und Abgaswerte anstandslos vom Kraftfahrtbundesamt bei Typzulassungen
übernommen wurden. Andererseits, so scheint es, wird bei ausländischen Automarken die Einhaltung der EURO-Normen streng überwacht - allerdings
auch nur im Laborbetrieb.
17.05.2016
Jetzt ist also heraus. Die Autohersteller nutzen eine willkürlich interpretierte EU-Verordnung, um das Abgasverhalten ihrer Fahrzeuge nach Belieben zu
manipulieren. In der entsprechenden EU-Verordnung heißt es: "Die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von
Emissionskontrollsystemen verringern, ist unzulässig. Dies ist nicht der Fall, wenn: a) die Einrichtung notwendig ist, um den Motor vor Beschädigung oder
Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten…" Wann ein Motor durch Abschalten des Abgasreinigungssystems vor
Beschädigung zu schützen ist und unter welchen Abgasbedingungen ein sicherer Fahrzeugbetrieb gewährleistet ist, bestimmen die Hersteller selbst. Die
Software der Motorsteuerung sorgt selbstverständlich immer für optimale Abgaswerte beim Rollentest, nicht aber auf der Straße. Mal wird der
Katalysator bei Temperaturen unter 10 °C (plus!) abgeschaltet, mal funktioniert die Abgasreinigung ohnehin nur in einem Temperaturfenster von 20 - 30
°C. Mal wird bei geringen Motordrehzahlen abgeschaltet, mal bei Geschwindigkeiten ab 120 km/h.
Es wird höchste Zeit, dass klare Vorschriften ohne Interpretationsspielräume und auf den Alltagsbetrieb abgestellte Normen dem unverantwortlichen
Treiben der Autolobby ein Ende bereiten!
01.12.2016
Nachdem mir bewusst ist, wieviel NO
X
ein Dieselmotor ausstößt und welche Auswirkungen dies auf die Luftreinheit in unseren Städten und damit die
Gesundheit der Menschen hat, kann ich reinen Gewissens kein Dieselfahrzeug mehr fahren. Ich habe mich daher entschlossen, ein Benzinfahrzeug der
neuesten Generation zu bestellen; natürlich weder ein Fahrzeug der Oberklasse, noch ein PS-strotzendes SUV, sondern ein alltagstaugliches Fahrzeug
der unteren Mittelklasse mit spritsparender Technologie. Der Treibstoffverbrauch wird etwas höher liegen als bei meinem gegenwärtigen Diesel-Kfz
und damit auch der CO
2
-Ausstoß. Das scheint mir aber in der Abwägung zwischen Klimafreundlichkeit und Gesundheitsschutz das geringere Übel zu sein.
Jetzt mag man fragen, warum ich nicht auf ein Elektrofahrzeug, ein Plug-in-Hybrid-Auto oder wenigstens auf ein Hybridmodell umsteige. Nun, ich habe
keine Garage mit Steckdose, an der ich die Fahrzeugbatterie nächtens aufladen könnte. Und immerzu eine öffentliche Ladestation anzufahren und dort
stundenlang auf das Aufladen zu warten, scheint mir nicht praktikabel. Die Plug-in-Hybrid-Autos am Markt sind mir allesamt zu groß, zu teuer und zu
ineffektiv, und von der Plug-in-Technik hätte ich ohnehin wegen der fehlenden häuslichen Lademöglichkeit nichts. Ausgereifte Hybridmodelle gibt es
wohl, werden aber meist als SUV angeboten oder (bei dem verbreitetsten Modell) mit einer Karosserie, die wohl futuristisch sein soll, aber nicht meinem
Designverständnis entspricht.
Elektromotoren sind doppelt so effizient wie Verbrennungsmotoren. Deshalb gehört ihnen sicher die Zukunft im PKW. Solange aber die elektrische
Energie überwiegend aus Kernkraft und fossilen Brennstoffen gewonnen wird, stimmt die Werbung “Null Emissionen” für Elektrofahrzeuge nicht.
Emissionen aus klima- und/oder gesundheitsschädigende Partikeln oder radioaktive Strahlen (für Hunderttausende Jahre!) entstehen halt nicht am
Fahrzeug sondern bei der Energiegewinnung. Erst wenn die elektrische Energie vollends emissionsfrei gewonnen wird, kann man von “Null Emissionen”
sprechen. Wenn also zum Beispiel jemand ein Carport mit einer Fotovoltaikanlage hat und daraus den Strom für ein Kfz bezieht, fährt er emissionsfrei.
07.08.2017
Was mir der Servicetechniker meines damaligen Autohauses bei unserem Gespräch über Abgaswerte und Abgastests (s. Bericht vom 12.11.2015) noch
erzählte, habe ich bisher nicht glauben wollen. Ich muss dem Servicetechniker
Abbitte leisten.
Er berichtete mir damals, dass die EURO 6-Diesel der deutschen Hersteller in
vielen Fällen auf der Straße nicht sauberer seien als mein EURO 4-Diesel. Die
AddBlue-Tanks sollten eigentlich so bemessen sein, dass sie jeweils bei der
nächsten Inspektion wieder aufgefüllt werden müssen. Tatsächlich seien sie aber so
klein, dass ihr Vorrat nicht für ein Inspektionsintervall reiche. Ein
zwischenzeitliches Nachtanken durch den Fahrer unterbleibe in der Regel. Die
AddBlueTanks seien nicht von außen zu befüllen, sondern nur über den Motorraum
und teilweise nur schwer zugänglich. AddBlue sei auch an vielen Tankstellen nicht zu
bekommen und nur in Kanistern. Außerdem wüssten viele Fahrer gar nicht, wann ihr
AddBlue-Tank leer sei, weil es am Cockpit keine Anzeige gebe. (Wäre mein jetziges
Auto ein Diesel, gäbe es eine, habe ich dem Bordbuch entnommen.)
Jetzt frage ich mich, ob sich die deutschen Autohersteller auf zu kleine AddBlue-
Tanks verständigt haben, weil sie davon ausgingen, dass die Software ohnehin die
meiste Zeit die Abgasreinigung abschaltet, oder ob sie sich herausreden wollten,
dass die Autofahrer AddBlue nicht nachtanken, wenn der Tank leer ist.
Die nebenstehende Grafik zeigt, dass der Grenzwert für NO
X
im Straßenbetrieb
beim EURO 6-Diesel durchschnittlich mehr als 6-fach überschritten wird, beim
EURO 5-Diesel etwa 5-fach und bei EURO 4-Diesel fast 3-fach. Der EURO 5-Diesel ist danach am dreckigsten.